Auf den Spuren von Karl Marx und den Römern

Fotoreise vom 11. – 13.10.2024

„Sind alle da? Dann können wir beginnen.“ So begrüßt uns Herr Apel senior am Freitagnachmittag im beschaulichen Weinort Nittel an der Obermosel. Auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses liegen ein paar Sonnenstrahlen auf den steilen Weinbergen, während Herr Apel das große Tor zur Weinkellerei öffnet. Zu Beginn der Führung durch das Weingut schenkt er eine Runde Elbling aus, womit wir schon auf die erste Spur der Römer stoßen. Schon vor 1800 Jahren bauten sie hier den Elbling an, ein ertragreicher, spritziger Weißwein, der heute noch die Weinregion zwischen Schengen und Trier prägt. Aus der blitzsauberen Kelter- und Abfüllhalle geht es hinab in den Weinkeller. Doch statt romantischer Holzfassathmosphäre reihen sich hier große Edelstahltanks auf. Die Gärröhrchen blubbern, die Fotoapparate klicken, die Absauganlage brummt rund um die Uhr, um das Kohlendioxid abzusaugen. Holzfässer gibt es nur noch für edle Rotweine. Diese Fässer bekommen wir leider nicht zu sehen. Zum Abschluss der Führung nehmen wir im angegliederten Restaurant ein feines Abendessen ein.

Gruppenbild gefällig? Wir stellen uns vor dem streng blickenden Karl Marx (5,50 m in Bronze) auf. Rolf Mayer, unser heutiger Gästeführer, übt sich anschließend im Fotografieren. Heiße Diskussionen gab es um dieses Standbild im Trierer Stadtrat. Wie hoch soll es sein? Zwanzig Meter oder zwei? Die salomonische Lösung lag dann bei fünf Meter fünfzig, weil Karl Marx am 5.5. geboren ist. Die Statue ist übrigens eine Spende der chinesischen Partnerstadt zum 200. Geburtstag im Jahr 2018. Viel Interessantes weiß Rolf Mayer aus dem Leben von Karl Marx zu berichten. In dessen Elternhaus mit Blick auf die Porta Nigra residiert heute ein Ein-Euro-Laden.

Wenige Schritte sind es dann bis zur Porta Nigra. Ja, da ist sie: Groß, gewaltig und dunkel steht sie vor uns. Ursprünglich war sie eines von vier Stadttoren von Augusta Treverorum, der mit 80.000 Bewohnern größten römischen Stadt nördlich der Alpen. Dass die Porta Nigra in ihrer ursprünglichen Form heute noch steht, liegt an dem bemerkenswerten und wenig bekannten Umstand, dass sie im 11. Jahrhundert zu einer Kirche umgebaut wurde. Napoleon ist es zu verdanken, dass die Kirchenumbauten abgerissen wurden und die Preußen ab 1817 schließlich wieder den ursprünglichen Zustand herstellten. Es gäbe noch mehr zu berichten, doch wir müssen weiter, es gibt noch viel anzuschauen.

Fassaden aus dem Mittelalter und der Renaissance säumen die Simeonstraße, die von der Porta Nigra zum Hauptmarkt führt. Etwa einhundert Meter weiter bleiben wir vor einem bemerkenswerten Gebäude stehen. Es passt so gar nicht zu den übrigen Gebäuden in der Simeonstraße. Auffällig ist, dass in der ersten Etage neben den Fenstern eine Tür eingebaut ist. Der Grund dafür liegt in der Wehrhaftigkeit dieses frühgotischen Wohnturms. Zum Schutz gegen Überfälle war das Haus nur über eine mobile Holztreppe zu begehen. Sein Name Dreikönigenhaus stammt aus dem 17. Jahrhundert, als das Haus ein Gasthof war. Wenig spektakulär ist der Eingang zur Judengasse schräg gegenüber. Das niedrige Eingangstor zeigt noch die Spuren der Tore, mit denen das Judenviertel früher nachts abgeschlossen wurde.

Umso prachtvoller zeigt sich der Hauptmarkt. Hier steht der Petrusbrunnen vis a vis zur Steipe. Dieses gotische Gebäude diente früher dem Rat der Stadt zu repräsentativen Zwecken. Heute beherbergt es den Ratskeller. Der Turm der St. Gangolf-Kirche überragt die Steipe und alle übrigen Häuser am Hauptmarkt. Gebäude. Dieses schöne Ensemble hatte sich bis zum Dezember 1944 erhalten. Dann zerstörten britische und amerikanische Bomben die ganze Innenstadt. Wenige Jahre zuvor hatte Friedrich Kutzbach die Gebäude der Stadt kartografiert und von den Fassaden her erfasst. Auf diese Unterlagen konnte beim Wiederaufbau zurückgegriffen und viele Gebäude originalgetreu wiederhergestellt werden. Ein Blickfang auf dem großen Marktplatz ist auch der buntgeschmückte Petrusbrunnen. Sein Bau war initiiert vom Erzbischof Johann von Schöneburg. Er wurde im Jahr 1595 fertiggestellt. Dies war eine Zeit von Missernten und bitterer Not. Bezahlt hat die Stadtverwaltung den pompösen Brunnen. Er ist versehen mit den vier Kardinaltugenden Klugheit, Gerechtigkeit, Starkmut und Mäßigkeit, damit sich die Trierer immer tugendhaft benehmen.

Vollgestopft mit Informationen verlassen wir den Hauptmarkt und wenden uns mit wenigen Schritten dem Domplatz zu. Nach einer ausführlichen Mittagsrast erfahren wir dann mehr über die Geschichte des Doms und der angrenzenden Liebfrauenkirche. Von dort aus ist es nur ein kurzer Weg bis zur Konstantin-Basilika. Dieses Gebäude mit siebzig Metern Länge, dreißig Metern Breite und fünfzig Metern Höhe war eine reine Machtdemonstration. Es diente den römischen Kaisern als Repräsentationssitz in einer Zeit, in der Trier weströmische Hauptstadt war. Diese Zeit ist lange vorbei und wir können nur noch über die Anzahl der 1,5 Millionen verbauten Ziegel, die Fußbodenheizung und die freitragende Kassettendecke staunen.

Jede Stadtführung hat ein Ende und die findet am kurfürstlichen Palais statt. Niederländische Jäger blasen uns wie bestellt vor der sonnen überfluteten Renaissance-Fassade mit ihren Hörnern den Marsch. Rolf Mayer spannt nochmals den Bogen zu Karl Marx. Günther Jauch, wohlbekannt als Quizmaster, weniger bekannt als Weingutbesitzer nahe Trier, ist ein 4-fach-Urenkel des Bürgermeisters, der die Geburtsurkunde von Karl Marx unterschrieben hat. Aber uns fehlt die Zeit, das Jauchsche Weingut zu besuchen. Wir bedanken uns bei Rolf Mayer für seine sehr informative und humorvolle Führung auf den Spuren von Karl Marx und den Römern durch Trier.

Von Nittel nach Saarburg ist es nur ein Katzensprung. Über die Hügel des nördlichen Saargaus erreichen wir am späten Sonntagvormittag das idyllische Städtchen an Leukbach und Saar. Mitten in der Altstadt stürzt der Leukbach achtzehn Meter in die Tiefe. Er wurde vor vielen Jahren eigens umgeleitet, um zwei Mühlen mit seinem Wasser anzutreiben. Punkt Elf öffnet Frau Repplinger die Tür des Amüseums. Es ist in der oberen Mühle untergebracht. Sie weiß uns viel Interessantes über das Museum zu vermitteln. Alte Handwerke und Dienstleistungen werden präsentiert und im Untergeschoss dreht sich heute eine moderne Turbine, um weiterhin Strom zu erzeugen. Daneben interessiert uns natürlich besonders die Fotoausstellung von KD Theis im Obergeschoss.

Wir müssen zwar nicht über sieben Brücken gehen, vier tun es auch. Und so sehen wir mal rechts, mal links vom Leukbach die beschauliche Altstadt von Saarburg, einschließlich Klein-Venedig aus verschiedenen Blickwinkeln. Während einige von uns sich schon auf den Heimweg begeben, genießen andere am Buttermarkt an diesem herrlichen Oktobersonntag noch die wärmenden Sonnenstrahlen oder besuchen die Burg hoch über der Saar.

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